Das 14. Wintersymposium der Deutschen Gesellschaft für Orale Implantologie (DGOI) vom 27. bis 31. März 2019 in Zürs am Arlberg war ein voller Erfolg: Der exklusiv von der Fachgesellschaft angemietete Robinson Club Alpenrose war mit über 110 Teilnehmern, den Referenten und Industriepartnern komplett ausgebucht. Das Leitthema „Komplikationen meiden, Komplikationen meistern“ kam bei den Kollegen gut an und sorgte für spannende Diskussionen. „Das Reflektieren von Komplikationen ist immens wichtig. Nur wenn wir auch das Komplikationsmanagement beherrschen, können wir die sichere Behandlung unserer Patienten gewährleisten“, so Prof. Dr. Daniel Grubeanu, Präsident der DGOI, zur Wahl dieses Mottos.
Wissenschaftlicher Leiter des Wintersymposiums war traditionell Prof. Dr. Georg-H. Nentwig, Vizepräsident und Fortbildungsreferent der DGOI. Er hatte renommierte Referenten eingeladen, die das evidenzbasierte Wissen zu möglichen Komplikationen in den Bereichen Planung, Chirurgie, Gewebemanagement und Prothetik für Praktiker prägnant zusammenzufassten. Deutlich wurde: Jeder Patient ist individuell und im Sinne einer personalisierten Implantologie zu verstehen. Nach wie vor ist die prothetisch orientierte Implantatplanung im Backward-Planning der Standard. In der modernen Implantologie unterstützen den Behandler dabei zwar digitale Technologien, jedoch sind weiterhin eine fundierte evidenzbasierte Wissensbasis und analoge chirurgische Fähigkeiten unersetzlich. Bei der Implantatplanung und -umsetzung sind biologische Komponenten zu berücksichtigen. Es gilt, so minimalinvasiv wie möglich mit der Natur zu arbeiten. Und: Komplikationen können dank des evidenzbasierten Wissens sowie standardisierter Workflows weitestgehend minimiert werden. Treten sie jedoch in einem Fall auf, muss der Behandler mit ihnen umgehen können. Dazu appellierte Prof. Dr. Dr. Ralf Smeets, Fortbildungsreferent der DGOI: „Beherrsche die Komplikationen.“ Das eigene Tun müsse immer wieder kontrolliert und reflektiert werden.
Prof. Dr. Michael Stimmelmayr, Cham, stellte die möglichen Komplikationen von Anamnese und Befunderhebung über Chirurgie und Prothetik bis zur Periimplantitis vor. Er verfolgt ein synoptisches Behandlungskonzept, um Komplikationen zu vermeiden. Der kompromittierte Patient stand bei Prof. Smeets im Fokus. Am häufigsten seien Allergien, kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes mellitus. Während der gut eingestellte Diabetiker fast als gesunder Patient zu sehen ist, stellt der schlecht eingestellte Patient ein Risiko dar. Sinnvoll ist eine Zusammenarbeit mit Diabetologen. Detailliert ging er auf die schwangere Risikopatientin ein und riet – auf der Grundlage aktuellster Studienergebnisse – zum Verzicht von Paracetamol während der Schwangerschaft.
Falsche Implantatpositionen lassen sich mit einer präzisen digitalen Planung und navigierter Insertion minimieren. Aber: Steht am Anfang eine falsche Befundeinschätzung, sind die Komplikationen auch im digitalen Workflow vorprogrammiert. Worauf es im digitalen Arbeitsablauf ankommt, erläuterte Dr. Christian Buhtz, MSc., Hamburg. Er zeigte unter anderem die Vor- und Nachteile von schleimhaut- und zahngetragenen Bohrschablonen auf. In der Diskussion wurde betont: Längst nicht jedes Einzelzahnimplantat muss navigiert gesetzt und 3D geplant werden. Analoge Arbeitsschritte dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
Prof. Dr. Fred Bergmann, Viernheim, beleuchtete die Sinusbodenelevation mit allen in der Literatur beschriebenen Komplikationen. Das intraoperative Risiko für eine Perforation der Sinusmembran liegt circa zwischen 10 bis 60 Prozent. Für die Versorgung kleinerer Perforationen eignet sich die Abdeckung mit einer Kollagenmembran. Zudem sprach sich Prof. Bergmann – ebenso weitere Referenten – für den Einsatz von Wachstumsfaktoren und Fibrinmembranen aus. Die Vermeidung von Komplikationen bei umfassenden augmentativen Eingriffen war das Thema von Prof. Dr. (mult.) Robert Sader, Frankfurt am Main. Er sensibilisierte für ein Follow-up der Implantate im Knochenaugmentat nach sieben bis acht Jahren. Erst dann könne die knöcherne Durchbauung und Knochenstabilität richtig beurteilt werden. Den Einsatz von digital geplanten und im 3D-Druck hergestellten Titangittern, die präzise auf die Defektmorphologie angepasst werden, beschrieb Dr. Marcus Seiler, MSc, MSc, Filderstadt. Die Titangitter sorgen für die Form- und Volumenstabilisierung des Augmentats. Dr. Dr. Manfred Nilius, MSc., Dortmund, sensibilisierte für die Kommunikation mit dem Patienten als einen wichtigen Aspekt im Umgang mit Misserfolgen. Denn: Ein Aufklärungsfehler gilt als Behandlungsfehler.
Ein wesentlicher Faktor für den Behandlungserfolg ist die Implantatprothetik. Prof. Grubeanu beleuchtete intensiv das Thema Okklusion. Zu Komplikationen wie Überbelastung und falscher Gestaltung der Gerüste kommt es in der Regel, wenn die Kaukräfte nicht richtig analysiert worden sind. Wichtig ist eine Neueinstellung der horizontalen und vertikalen Kieferrelation. Bei der Versorgung zahnloser Patienten ist die Herstellung eines Funktionsprovisoriums empfehlenswert; ebenso im Frontzahnbereich – hier auch, um die Gingiva auszuformen.
An den Nachmittagen vertieften die Teilnehmer die Themen des Mainpodiums in den gut besuchten Workshops, die teilweise mit Hands-on-Übungen stattfanden. In den Special Lectures ging es um die betriebswirtschaftlichen Themen Mitarbeiterführung und erfolgreiches Change-Management sowie um zahngesunde Ernährung.
Dass in dieser kollegialen Runde auch Fehler ehrlich reflektiert werden konnten und selbst kontroverse Ansichten immer respektvoll und freundschaftlich diskutiert wurden, kam bei den Teilnehmern wieder sehr gut an – und entsprach dem DGOI-Spirit im Sinne eines kollegialen, offenen Austauschs. Da auch das Wetter mit strahlendem Sonnenschein und optimalen Pistenverhältnissen überzeugte, lautete das überwiegende Feedback der Teilnehmer zum 14. Wintersymposium der DGOI: „Perfekt“.
Das 15. Wintersymposium der DGOI findet vom 25.bis 29. März 2020 in Zürs am Arlberg statt.